Am 19. Mai 2021 vor 140 Jahren wurde Alfred Baum in Werdau geboren. Für Klingenthals Geschichte ist der Volksschullehrer gleich mehrfach von Bedeutung: Er war es, der 1946 die Reihe der „Musikalischen Schatzkästlein“ mit ins Leben rief und dafür in der Brunndöbraer Schule Proberäume zur Verfügung stellte. Doch da war Alfred Baum bereits ein überregional bekannter Mann, denn er war der einzige Reichstagsabgeordnete aus dem Raum Klingenthal während der Weimarer Republik. Vom 8. Juli 1931 bis zur vorzeitigen Auflösung am 10. Juni 1932 saß er für die Deutsche Volkspartei (DVP) im Deutschen Reichstag.
Alfred Baum war Nachrücker für Georg Bellmann, welcher im Juni 1931 sein Mandat niedergelegt hatte. Nur einen Sitz hatte die DVP bei den Wahlen am 14.September 1930 im Wahlbezirk Chemnitz -Zwickau, zudem auch der Amtsbezirk Klingenthal gehörte, errungen. Diesen Platz sollte nun Alfred Baum einnehmen. Bei den Wahlen am 31. 7.1932 errang die DVP im Wahlbezirk keinen einzigen Sitz mehr und damit war auch das Mandat Baums beendet … Die Mehrheit der Wähler hatte sich in Westsachsen den Rechten zugewandt. Alle Sitze welche die Parteien der bürgerlichen Mitte verloren, gewann die NSDAP dazu.
Alfred Baum aber war Vertreter einer national liberalen Partei, deren wohl berühmtester Vertreter Gustav Stresemann 1926 den Friedensnobelpreis erhalten hatte, weil er sich für eine konsequent friedliche Lösung von Grenzstreitigkeiten mit den französischen und belgischen Nachbarn eingesetzt hatte. Sowohl das Vermächtnis des 1929 verstorbenen Stresemann als auch die Bemühungen der anderen Parteimitglieder wurden zunehmend überhört, der Versuch mit weiteren Parteien der Mitte einen bürgerlichen Block zu bilden, scheiterten. So kam es auch, dass Baums Vorgänger Bellmann sein Mandat niederlegte. Alfred Baum übernahm den Sitz in denkbar unruhigen Zeiten. Zwischen 1930 und 1933 fanden vier Mal Wahlen statt. Jener Reichstag, in dem auch Alfred Baum saß, hatte 577 Sitze, 30 davon entfielen auf die DVP. Das Parlament wurde in jenen Jahren zur Schaubühne politischer Propaganda, längst wurde die Weimarer Republik nicht mehr durch parlamentarische Beschlüsse, sondern durch Notverordnungen regiert. Ironie des Schicksals: Einst war die DVP ein erklärter Gegner der Republik, stand für die Ideale einer konstitutionellen Monarchie. Jetzt, als die Weimarer Verfassung am Ende war, war es auch die DVP. Was also hätte Alfred Baum in Berlin für Klingenthals Bezirk oder ganz Westsachsen ausrichten können? Alfred Baum war von Beruf Lehrer, politische Erfahrungen sammelte er als Abgeordneter im Brunndöbraer Gemeindeparlament. Er kannte die brisante Lage der Klingenthaler Musikinstrumentenindustrie, die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre hatte zahlreiche Hersteller in die Knie gezwungen, Arbeitslosigkeit, Armut und der Verfall allen Geldes beherrschten den Alltag der Einwohner. Über den Weg aus der Krise stritten sich Verantwortliche quasi über Jahre eher planlos als zielorientiert und trieben auch die Gemüter der Einwohner im Klingenden Tal in linke oder rechte Richtungen. Die politische Mitte verschwand damit fast unbemerkt. Eine tragende politische Rolle, die auch für seine Wähler Spürbares erreichen hätte sollen, blieb folglich aus. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten hielt sich Alfred Baum weitestgehend von politischen Zwängen fern. So wurde er nach dem Ende des Dritten Reiches für kurze Zeit Leiter der Brunndöbraer Schule und auch mit der Aus- und Fortbildung der neuen Lehrerschaft betraut. 1947 verstarb er im Alter von 66 Jahren.